Mittlerweile sollte es die Runde gemacht haben: Stefan Fassbinder (Grüne), aufgestellt durch Grüne, Linke, SPD und Piraten hat hauchdünn die Stichwahl um den Posten des Oberbürgermeisters gewonnen.
Wir möchten kurz einige Erkenntnisse aus den letzten Wochen sowie einen Ausblick für die Zukunft mit euch teilen.
Der Wahlkampf hat Spaß gemacht! Es war toll zu sehen, dass so viele Menschen, mit oder ohne Parteibuch, an einem Strang ziehen.
Für uns bedeutet der Wahlsieg auch, dass »Menschen« gegen »Geld« gewonnen haben. Es ist im Stadtbild sehr deutlich geworden, dass die CDU finanzstärker ist. Herr Hochheim war an jeder Ecke. Das ist für uns als Wahlkämpfer auch entmutigend, denn man hat stets das Gefühl, dass der Gegenkandidat verhältnismäßig leicht auf sich aufmerksam machen kann. Als Parteienbündnis konnten wir vermutlich durch eine breitere Basis an Unterstützern punkten, denn natürlich bringen vier Parteien auch entsprechendes Personal mit.
Außerdem sind wir erleichtert, dass Politik so funktionieren kann. Ein wichtiges und zutreffendes Argument der CDU für ihren Kandidaten war, dass er als 1. Stellvertreter des amtierenden Oberbürgermeisters die notwendige Erfahrung mitbringt. So würden wir jedoch in eine Parteiendynastie hineinrutschen: Scheidet ein CDU-Bürgermeister aus, rutscht einfach sein CDU-Stellvertreter nach. Ganz so einfach ist es natürlich nicht, denn die Stellvertreter werden von der Bürgerschaft gewählt – dort ist die CDU aber bis heute die stärkste Kraft.
Vom Wahlergebnis geht natürlich auch ein weitreichenderes Signal aus: Im Wahlkreis von Frau Merkel hat der CDU-Kandidat verloren. Das ist ein Tiefschlag für die CDU.
Völlig abwegig wäre es davon zu sprechen, dass »der Wähler« eben Stefan Fassbinder und nicht Jörg Hochheim wollte. Es ist generell ungünstig, wenn Wahlen nach dem »Alles-oder-nichts-Prinzip« verlaufen, aber noch ungünstiger ist es, wenn die Verhältnisse so ausgeglichen sind. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass nur einer gewinnen kann, wenn nur ein Posten zu vergeben ist – das ändert aber nichts daran, dass die Hälfte der Wähler gestern enttäuscht wurde.
Bei einer Wahlbeteiligung von 37% im ersten und 35% im zweiten Wahlgang muss jedoch ohnehin jeder Demokrat Bauchschmerzen bekommen. Letztlich wissen wir ja gar nicht, ob Stefan Fassbinder nun tatsächlich der Bürgermeister ist, den die Greifswalder mehrheitlich wollten.
Die Konsequenz aus dem knappen Ergebnis und der niedrigen Wahlbeteiligung ist jedoch klar: Wir müssen es schaffen, die vielen Wähler Jörg Hochheims einzuladen und auch ihre Interessen aufzunehmen. Insbesondere müssen wir aber auch die Nichtwähler ansprechen und ihnen künftig Möglichkeiten anbieten, sich selbst an den politischen Prozessen zu beteiligen.
Wir müssen jedoch auch mit den Wählern Stefan Fassbinders reden. Die Wahl gestern war nur ein Auftakt und die eigentliche Arbeit beginnt jetzt. Wir sind jetzt gemeinsam verantwortlich. Das bedeutet nicht, dass deshalb automatisch alles besser wird. Es besteht natürlich die Gefahr, dass Kompetenzen verloren gehen und es künftig im Rathaus nicht mehr so flutscht. Die womöglich mangelnde Erfahrung müssen wir durch gemeinschaftliche Arbeit ausgleichen.
So sieht es übrigens aus, wenn man als frisch gewählter OB zu seiner Wahlkampfparty zurückkehrt:
Das Foto aus Greifswald-Wieck ist von Julia L und steht unter der Lizenz CC BY-NC-SA 2.0.